15. Juni 2015

Wie das Netz die Erinnerungen von Zeitzeug*innen an Krieg, Nationalsozialismus und Holocaust bewahrt

Teil 2.  Hier finden Sie Teil 1 und Teil 3.


"Es könnte besser gehen, aber ich lebe noch." Drei Web-Dokus.


Die Online-Dokumentation über das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück steht auf den Seiten der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) zur Verfügung. Hier versammeln sich die Stimmen von Frauen, die Ravensbrück überlebt haben. Audiomaterial und Fotografien, verborgen hinter interaktiven Schlagworten, geben Aufschluss über den Alltag im Lager, Formen der Selbstorganisation und Strategien des Überlebens. Darüber hinaus stellt die bpb die Biografien der Frauen und ergänzende Zeitdokumente bereit, die ein sehr detailliertes Bild des Lagers und seiner ehemaligen Insassinnen vermitteln. 

Die Kapitualation Deutschlands vor 50 Jahren nahm Chrismon zum Anlass für eine umfassende Reportage über die Veteranen der Roten Armee, die geschrieben in der Online- sowie in der Print-Ausgabe erschien. Der Großvater der Autorin Christiane Holch war selbst in den Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion gezogen, um den Deutschen Anspruch auf die Vorherrschaft durchzusetzen. Nun sucht die Enkelin nach den letzten Zeug*innen auf der russischen Seite und fährt durch die Ukraine bis nach Moskau. Ihre multimediale Reportage schildert einfühlsam über Fotografien, Videos, kurze Texte, persönliche Äußerungen und einem gesprochenen Kommentar Eindrücke dieser besonderen Begegnungen.

Die Befreiten. Stell dir vor es ist Krieg und endlich ist er vorbei - erzählt die Geschichten von fünf Menschen in Norddeutschland mit ganz unterschiedlichen Hintergründen, die den Krieg als Kinder und Jugendliche er- und überlebt haben. Die Portraitierten offenbaren ganz individuelle Überlebensstrategien, sprechen über Verluste, Verfolgung, die Erinnerungslücken und das Weiterleben nach dem Krieg. Gesprochene Statements, gelesene Dokumente, kurze Texte, Bild- und Audiodokumente vermitteln wie die Steine eines Mosaiks eine Bild des alltäglichen Ausnahmezustands.



Zeitzeug*innen-Interviews in Schule und Unterricht. Nutzen und Selbermachen.


Zeugen der Shoah. Das Visual History Archive in der schulischen Bildung umfasst 900 deutsch- und 50 anders sprachige Video-Interviews mit Transkriptionen und Übersetzungen. Das Projekt möchte Lehrende wie Lernende unterstützen und fördert die historische Aufklärung durch Vermittlung eines multiperspektivischen Geschichtsbildes. Lehrer*innen gibt die Plattform Anregungen für die Gestaltung des Unterrichts und Schüler*innen einen lebendigen Einstieg in die Geschichtserlebnisse der Generation ihrer Eltern und Großeltern. Die Videos stehen aufgrund der Lizenzbestimmungen der USC Shoah Foundation innerhalb des Campusnetzwerkes der FU Berlin zur Verfügung. Auf die Transkriptionen kann von überall online zugegriffen werden. Die FU Berlin bietet in Kooperation mit externen Partnern regelmäßig Projekttage an. 

Der Film Die Frauen von Ravensbrück von Loretta Walz und das dazugehörige Videoarchiv für Schulen und Bildungseinrichtungen dokumentieren die Geschichten von mehr als 200 Überlebenden in 15 Ländern. Aus den Fragmenten der detaillierten, persönlichen Erinnerungen der internierten Frauen und Kinder an den Orten oder in Verbindung mit den Bildern Lagers vermittelt sich ein umfassendes Bild des Terrors aber auch des Widerstandes, der Solidarität und der Überlebensstrategien. 

Ansatz des offenen Archives Zeitzeugengeschichte.de ist es speziell Jugendliche die erlebte und erzählte Geschichte dokumentieren zu lassen. Jugendgruppen und Schulklassen sind ausdrücklich eingeladen für das Portal zu produzieren. Je nach Erfahrungsstand steht ein Leitfaden bereit oder eine direkte Anleitung wird angeboten. Über die Gespräche mit den Zeitzeug*innen des Nationalsozialismus und die mediale Aufbereitung wird die Auseinandersetzung mit der Geschichte gefördert und lebendig.

Das Portal Lernen aus der Geschichte bietet kein Zeitzeug*innenarchiv aber über interessante Quellen, Diskussionsräume und Online Lernen vielfältige Impulse für die historisch-politische Bildung für Lernende und Lehrende. Thematische Schwerpunkte sind der Nationalsozialismus, der Holocaust, die DDR- und die BRD-Geschichte sowie jüngere Zeitgeschichte. Auch ein Wiki zu Zeitzeug*innen im Geschichtsunterricht stellt Links zusammen und gibt Hinweise zur Unterrichtsgestaltung und Methodik. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl unterschiedlichster Anbieter von (auch kostenpflichtigen) Unterrichtsmaterialien, wie filmsortiment.de. Die Bildungsserver unterstützen bei der Suche nach kostenfreiem Material. 





Wir waren Nachbarn. Analoge Gedenkorte und digitale Projekte.

Natürlich gibt es eine Vielzahl weiterer Gedenkorte und Materialien, die sich nicht hauptsächlich auf die Arbeit mit Zeitzeug*innen konzentrieren oder die eigene Arbeit im Netz nur bedingt sichtbar machen. Berührende und sehr wichtige Portale und online frei zugänglich sind das Fotoarchiv des Konzentrationslagers Buchenwald und die Foto-Dokumentation über das Konzentrationslager Auschwitz.

Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl persönlicher Berichte über die Begegnung mit Zeitzeugen, wie die Beiträge der Bloggerin Julia Probst über Gehörlose Menschen im Nationalsozialismus, Nachbarschaftsinitiativen und Vereine wie Wir waren Nachbarn, Wir wussten nichts davon , Im Dialog e.V., das Zeitzeugenforum, die Arbeitsgruppe Zeitzeugen, oder das Tagebuch und Erinnerungsarchiv Schreiben, Erinnern, Bewahren. Die Zeitzeugen-App der Berliner Geschichtswerkstatt ermöglicht es auf Spaziergängen durch die Stadt, die Lebensgeschichten und Spuren von NS-Zwangsarbeiter*innen vor Ort zu verfolgen. 

Wikipedia unterstützt die Suche nach analogen Archiven, Sammlungen und Gedenkorten wie auch digital zugänglichen Materialien. Die Liste der Konzentrationslager des Deutschen Reiches zum Beispiel verlinkt auf alle Gedenkstätten und wesentliche Informationsquellen. Reale Gedenkorte mit digitalen Erinnerungsräume, die hier unerwähnt geblieben sind, sind deshalb nicht minder bedeutsam.

Teil 1.
Web-Dokus. Zeitzeugeninterviews für Schule und Unterricht.

Analoge Gedenkorte mit digitalen Projekten.

Teil 3.
Digitale Gedenkorte. Welchen Anforderungen müssen sie genügen?